Die hervorragend kuratierte Sonderausstellung „BauArt – Bauen in der Kulturlandschaft des Ausseerlandes“ im Kammerhofmuseum führt eindrücklich vor Augen, wie wichtig der Wiedererkennungswert dieser Landschaft ist, und dass sich deshalb neue Bauprojekte in die gewachsene, traditionelle Bebauung möglichst harmonisch einfügen sollten. Groß ist die Verführung, dass aus kommerziellen Interessen Bauwerke bewilligt und errichtet werden, die in dieser Landschaft nichts zu suchen haben. Die Ausstellung scheut sich auch nicht davor, einige der schlimmsten Bausünden der letzten Jahre deutlich aufzuzeigen.
Damit es nicht noch mehr werden, hat sich vor gut einem Jahr die Bürgerinitiative gegen Schuhschachtelhäuser im Ausseerland (B.I.S.S.) gebildet, um gegen die drohende Megaverbauung der Fröhlichgründe aufzutreten. Schon vor vier Jahren wurde vom Gemeinderat der Stadtgemeinde Bad Aussee ein Bebauungsplan für die Fröhlichgründe beschlossen, der die rechtliche Grundlage für die geplante überdimensionierte, landschaftsverschandelnde Apartmentanlage der „Fröhlich`sche Gründe – Projektentwicklungs – GmbH“ darstellt, ohne dass vorher geprüft wurde, ob die Bodenverhältnisse für ein solches Megabauprojekt überhaupt geeignet sind. Die Fröhlich`schen Gründe liegen auf einem Plateau, das sich etwa 50 – 70 Meter über dem Ortsgebiet erhebt und gegen Norden und Osten steil abfällt. Mit Aussicht auf die umgebende Bergwelt vom Loser über das Tote Gebirge nach Süden bis zum Zinken bietet das Grundstück auch einen großartigen Blick auf den Ort. Umgekehrt ist dieses Baugrundstück – neben der Ortseinfahrt von Bad Aussee gelegen – auch weithin und auch vom Ort aus gut sichtbar und damit ein Blickfang in der Landschaft. Ich spreche deshalb von Landschaftsverschandelung, weil die Dimension und Gestaltung der neu geplanten Baukörper (Form eines geschlossenen Kubus) für Bad Aussee untypisch sind und sie im Gegensatz zur umliegenden Bebauung großflächige Fremdkörper darstellen. In Aussee herrschen Einfamilienhaussiedlungen, Villen des 19. Jahrhunderts, Bauernhöfe und Weiler als Siedlungsformen vor. Die geplante Anlage aber besteht aus sieben Wohnsiedlungsblocks in einer für das Landschafts- und Ortsbild überdimensionalen Form. Die Anordnung der Baukörper erinnert an monotone Schlafsiedlungen in Großstädten. Eine solche monotone Gleichförmigkeit überdimensionierter Baukörper gibt es in dieser Anzahl in Bad Aussee und im ganzen Ausseerland bis heute Gott sei Dank noch nicht. Erst im Zuge des baubehördlichen Genehmigungsverfahrens wurde durch ein geotechnisches Gutachten die Instabilität des Bodens erkannt und deshalb die ursprüngliche Planung obsolet. Der Projektentwickler brachte jetzt eine überarbeitete – die Bodenverhältnisse anscheinend besser berücksichtigende – Planung ein und der Bebauungsplan soll jetzt geändert werden. Darüber wird der Gemeinderat von Bad Aussee voraussichtlich in seiner nächsten Sitzung entscheiden. Es geht dabei nicht um eine Formsache sondern um eine hochpolitische Entscheidung: Nämlich das Ausseerland vor einer weiteren Verschandelung zu bewahren, indem man z.B. die Bauhöhe generell auf eine maximal zweigeschossige Verbauung zurückfährt und verlangt, dass die Gestaltung dieser Apartmenthäuser dem Schutz des Ortsbildes, den Bebauungsgrundsätzen und der typischen Ausseer Kulturlandschaft Rechnung trägt.
Der öffentlich aufgelegte Entwurf der Änderung des Bebauungsplanes und das geotechnische Gutachten warfen beim letzten Treffen der BISS, viele Fragen und viel Kritik auf. Als einzig positiver Aspekt wurde der Verzicht des Projektentwicklers auf den als „Turm“ bezeichneten fünfgeschossigen Baukörper an der Geländekante gesehen. Dafür sollen statt der bisher sechs, jetzt sieben viergeschossige Wohnblöcke, die euphemistisch als Villen bezeichnet werden, auf relativ engen Raum hingeklotzt werden. Das sind aber keine Villen, wie sie uns vertraut sind. Selbst die größten Gründerzeitvillen in Aussee sind in ihrer Flächenausdehnung nie größer als die Hälfte der Flächenausdehnung der neu geplanten Wohnblöcke. Insider sprechen hier von Schuhschachtelarchitektur. An der befürchteten „Verschandelung“ von Bad Aussee würde sich mit dem vorgelegten Änderungsentwurf des Bebauungsplanes kaum etwas ändern, denn außer beim Turm bleiben „Höhe und Gestaltung der Gebäude“ unverändert. Dort, wo vorher der „Turm“ geplant war, wurde die zulässige Bauhöhe von max. 16,0 m auf 6,0 m reduziert und wird dieser Bereich wegen der instabilen Bodenverhältnisse nur für „untergeordnete Bauwerke“ wie einer Aussichtsplattform vorgesehen. Gleichzeitig wird an diesem Platz auch schon an den Bau einer Gastronomie und einer Bergstation für einen Schrägaufzuges gedacht. Da kann dann schon eine Bauhöhe von 6 Metern oder mehr herauskommen. Frage: wie verträgt sich das mit der Feststellung im geologischen Gutachten, dass sich das Gelände mehr oder weniger im Grenzgleichgewicht befindet und eine zusätzliche Belastung in Form einer Bebauung oder Anschüttung nicht empfehlenswert ist. Bei den sieben viergeschossigen Wohnblöcken erlaubt der Verordnungsentwurf weiterhin eine maximale Gebäudehöhe von 13,0 m. Mit der zulässigen Gebäudehöhe ist es ja so eine Sache: Wenn nicht von vornherein ein Nullpunkt festgelegt wird und das Gelände durch Auffschüttungen verändert wird, kann die Geländeverschneidung, von der die Bauhöhe aus gemessen wird, beträchtlich höher zu liegen kommen. Damit die Häuser nicht noch mehr in den Himmel wachsen können, wäre es deshalb wünschenswert, dass z.B. das Erdgeschoßniveau der alten Villa Fröhlich als Nullpunkt festgelegt wird.
Nicht berücksichtigt wurde im Bebauungsplan die optische Wirkung der Baukörper auf das Ortsbild. Es sollte umgehend ein exaktes Rendering (Visualisierung der geplanten Anlage bezüglich Sichtbarkeit gem. Ortsbildkonzept 2007) erstellt werden. Ebenso geht nicht hervor, ob die Bebauungsgrundsätze, die für alle Wohnbauten gelten, hier eingehalten werden.
Das geotechnische Gutachten war bis 21.8.2015 auf der Gemeindeseite im Internet öffentlich einsehbar. Es stützt sich im Wesentlichen auf zwei Bohrungen aus dem Jahr 2013, die sehr bedenkliche Ergebnisse hinsichtlich der Belastbarkeit des Bodens und des Versickerns der (durch die Bodenversiegelung verstärkt anfallenden) Oberflächenwässer ergaben und verlangt entsprechend aufwendige Baumaßnahmen. Man gewinnt den Eindruck, dass diese zwei Bohrungen nicht ausgereicht haben um fundierte Aussagen über die Bebaubarkeit des Grundstücks zu treffen und ständig mit der Gefahr von Hangrutschungen zu rechnen ist. Im Interesse der Sicherheit der Anrainer, die unterhalb dieser Riesenbaustelle wohnen, muss auf genaueste Einhaltung der geotechnischen Vorgaben geachtet werden. Zu groß ist das Risiko, dass sie mit ihren Häusern verschüttet werden, wenn der Hang ober ihnen ins Rutschen kommt. Zuletzt stellt sich die Frage, ob die Kosten für Fundamentierung, laufende Sicherheitsmaßnahmen und allfällige Schadenersatzforderungen geschädigter Anrainer bei der derzeit noch gar nicht wirklich einschätzbaren Tragfähigkeit des Bodens überhaupt kalkulierbar sind. Wer kommt für den Schaden und die Sanierungskosten für das Grundstück auf, wenn der Bauherr in Konkurs geht?
Mag. Adalbert Eisenriegler, Bad Aussee
Sprecher der BISS (Bürgerinitiative gegen Schuhschachtelhäuser im Ausseerland)